Wir erinnern an Heinrich Wolff
Geboren: 3.1.1887 in Krefeld
Gestorben: 9.2.1945 in Arnsberg
Opfergruppe: Politisch Verfolgte
Verlegeort: Peterstraße 3
Verlegedatum: 24.11.2016
Patenschaft: Jochen Herbst
Ein Kempener, der seine Ablehnung des NS-Regimes mit dem Leben bezahlen musste, war Heinrich Wolff, geboren am 3. Januar 1887 in Krefeld, verheiratet mit Elisabeth geb. Schlünkes,. Er war in Kempen selbstständiger Friseurmeister und betrieb sein Geschäft zunächst an der Vorster Straße 9, seit 1941 an der Peterstraße 3. Als Zeichen seines Gewerbes hing vor seiner Tür ein Barbierbecken. Seine Gestapo-Akte ist offensichtlich vernichtet worden. Wir müssen uns also bei Zeitzeugen erkundigen, wenn wir wissen wollen, warum man ihn, 57 Jahre alt, wahrscheinlich am 8. August 1944 verhaftet hat.
Wolff machte aus seiner Abneigung gegen die Nazis kein Hehl. War doch sein Sohn 1941 in Russland gefallen. Im Gespräch mit den Kunden erleichterte er sich durch unvorsichtige Bemerkungen. In den Akten der Polizei und der NS-Dienststellen wird er als Gegner des Nationalsozialismus geführt. Vielfach wurde er von Mitbürgern ob seiner kritischen Äußerungen gewarnt. Zweimal war er schon wegen seiner bissigen Bemerkungen verhaftet worden. Die entscheidende Denunziation kam dann von Auswärtigen. Vom Frühjahr bis September 1944 lag ein Kommando des Landesschützenbataillons 254 in der Stadt. Das war einer jener Verbände, die man in der Endphase des Krieges auch in Kempen aus älteren Männern zusammenstellte. Das Kommando setzte die gemusterten Soldaten zu ihren Einheiten in Marsch. Es logierte in einer der Reichsarbeitsdienst-Baracken an der Burgstraße.
Zwei Soldaten dieses meist aus Offizieren und Unteroffizieren bestehenden Verbands kamen Anfang August 1944 mit zackigem Deutschen Gruß (den die Wehrmacht nach dem misslungenen Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli zum Treuebeweis für den Führer als militärische Ehrenbezeugung eingeführt hatte) in Wolffs Frisierstube. Als der Friseur die verhasste Gebärde mit den Worten quittierte: Heben Sie doch beide Hände hoch, dann ist der Krieg aus!, als er zudem einen der beiden Landser, einen Feldwebel, aufforderte, seine Orden zu veräußern (Den Klempnerladen da kannste verkaufen!), wurde er von ihm angezeigt. Man kann die Motive des Denunzianten sogar nachvollziehen: Er fühlte sich in seiner Soldatenehre angegriffen, also persönlich beleidigt. Für die Behörde hatte Wolff Wehrkraftzersetzung begangen. Grund genug für die Einweisung zunächst ins Anrather Zuchthaus, von wo die Überweisung ins Zuchthaus Arnsberg erfolgte.
Dort ist Heinrich Wolff bei der Zerstörung des Gerichtsgefängnisses durch einen Fliegerangriff am 9. Februar 1945 durch Bombentreffer umgekommen.
Heinrich Wolff wurde am 13. Februar 1945 auf dem Eichenholzfriedhof in Arnsberg beigesetzt und im Jahre 1950 auf eine Ehrenanlage innerhalb dieses Friedhofes umgebettet. Seiner Frau Elisabeth, die weiterhin im Hause Peterstraße 3 wohnte, erteilte die Stadt Kempen am 19. Oktober 1945 die Erlaubnis, in dem alten Friseursalon an der Peterstraße ein Tabakwarengeschäft zu eröffnen, und beschloss, sie angemessen mit Tabakwaren zu versorgen. Diese wirtschaftliche Sicherstellung erfolgte auf Antrag des von den Nazis verfolgten Kommunisten Gerhard Bergs. Heinrich Wolffs Witwe ist am 1. Januar 1962 in Kempen gestorben.