Wir erinnern an Siegfried Mendel
Geboren: 17.1.1907 in Kempen-St.Hubert
Gestorben: 1942 in Auschwitz
Opfergruppe: Jude
Verlegeort: Hauptstraße/Ecke Anton-Hochkirchen-Straße, Kempen-St.Hubert
Verlegedatum: 29.5.2018
Patenschaft: Jeyaratnam Caniceus
Siegfried Mendel, geboren am 17. Januar 1907, war ein jüngerer Bruder von Wilhelmine Mendel, von der an anderer Stelle dieser Homepage die Rede ist. Zunächst übernahm er 1927 nach dem Tode seines Vaters Alex Mendel dessen Viehhandelsgeschäft in St. Hubert. Aber er wollte seinem älteren Bruder Max keine Konkurrenz machen, der 1919 im Ort einen eigenen Viehhandel eröffnet hatte. Deshalb zog er im August 1931 nach Aldekerk, um dort für die Fleischwaren- und Konservenfabrik Kleinbongartz zu arbeiten.
Im März 1935 läuft auch am Niederrhein eine umfassende Hetzkampagne gegen die Juden an, und Siegfried Mendel wird bei Kleinbongartz entlassen. Im August 1935 zieht er von Aldekerk zurück nach St. Hubert und wohnt nun in seinem Elternhaus Hindenburgstraße (heute: Hauptstraße) 39, bei seiner Schwester Wilhelmine. Am 27. Januar 1936 meldet er in St. Hubert wieder sein Viehhandelsgeschäft an. Aber im Herbst 1937 muss er seinen Handel wieder aufgeben, weil niemand ihm sein Vieh abkauft. Am 1. Oktober 1938 untersagt der Landrat generell den jüdischen Viehhandel im Landkreis Kempen-Krefeld. Vier Tage später verlässt der 32 Jahre alte Siegfried Mendel St. Hubert. Damit er die Abgaben entrichten kann, die für die Emigration vorgeschrieben sind, leiht seine Schwester Wilhelmine sich bei Menschen, die den Juden noch helfen wollen, 3000 Reichsmark.
Zunächst geht Siegfried Mendel zu Bekannten nach Eelen bei Maaseyk in Belgien. Als er dort Fuß gefasst hat, schickt seine Schwester Wilhelmine ihm das Nötigste nach: Unterhemden, Bettbezüge, ein Bügeleisen, eine Nähmaschine; „alles gebrauchte alte Sachen“. Ende Mai 1940 dringt die deutsche Wehrmacht in Frankreich ein. Siegfried Mendel flieht weiter nach Südfrankreich, wo Hitler den Franzosen ein Gebiet unter selbstständiger Verwaltung zugestanden hat. Aber dort wird er 1942 verhaftet. Er gehört zu den etwa 1000 Juden, die am 7. September 1942 von einem Bahnhof nordöstlich von Paris auf den Weg nach Auschwitz gebracht werden. Hier wird er zu einem ungeklärten Zeitpunkt ermordet.
Quellen
S. die Entschädigungsunterlagen im Kreisarchiv Viersen, KK 5274 Bl. 166 und ebenda 12141. Ein Eintrag in seiner Meldekarte (Kreisarchiv Viersen, Meldekartei St. Hubert) verzeichnet allerdings Siegfried Mendels Zuzug aus Aldekerk für den 9.8.33. – Über seine Deportation informieren französische Konvoiunterlagen, die uns seine Nichte Ruth Baum zur Verfügung stellte (Fotokopie im Besitz von Hans Kaiser). Als Siegfried Mendels amtliches Sterbedatum gilt der 31.12.1943 (Kreisarchiv Viersen KK 7911).
Literatur
Hans Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2: Eine niederrheinische Kreisstadt im Krieg (Schriftenreihe des Kreises Viersen 49,2), Viersen 2014, S. 359, 361, 386 f., 394 f., 411, 416, 433, 445, 447 ff., 468.