Texte zur Verlegung – Paula Mendel

Wir erinnern an Paula Mendel, geborene Weinberg

Text zur Verlegung am 15.12.2015
Geschichtskurs des Rhein-Maas-Berufskollegs Kempen (Lehrer Dr. Antonio Liepold)

Paula Mendel, geborene Weinberg, wird am 6. November 1892 in Liebenau bei Nienburg an der Weser geboren. Am 27. September 1922 kommt der Sohn Kurt, am 16. Mai 1924 die Tochter Liselotte zur Welt.

Mit ihrer Familie lebt sie in dem Haus hier auf der Von-Loe-Straße 14.

Am 17. August 1938 müssen alle Juden ihren Vornamen in Zwangsnamen ändern wie Sarah und Israel. Also heißt die Mutter Paula nun Sarah, bestätigt durch den Eintrag des Kempener Standesbeamten. Nach den Zerstörungen des schönen Hauses in der Reichspogromnacht, durch die Enteignungen und den finanziellen Ruin durch die „Sühneleistung“, also der erzwungenen Vermögensabgabe zugunsten des nationalsozialistischen Regimes, muss die Familie auf die Tiefstraße 15 umziehen. Dort leben sie in einem engen Anbau im Hinterhof. Im November 1941 kommt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn und 9 anderen Kempener Juden in eines der „Judenhäuser“, kleinen Ghettos also. Die Begründung der Naziideologen lautet: Deutsche sollten nicht in einem Haus mit einem Juden zusammenleben.

Noch im Dezember 1941 kommt Paula Mendel mit Mann und Sohn nach Riga, wohin nur Menschen unter 65 Jahren deportiert werden, damit ihre Arbeitskraft im Osten eingesetzt werden kann. Zu diesem Zeitpunkt war Andreas Mendel 49 Jahre, Paula 47 und Kurt 20 Jahre alt. Sie verabschieden sich von Verwandten und Freunden mit der Vorahnung, dass man sich nie wiedersieht.

Nachdem ihr Mann im Ghetto wegen versagender Kräfte erschossen wird, kümmert sich der Sohn Kurt um seine Mutter. Am 6. November 1943 wird das Ghetto in Riga aufgelöst und Paula wird von ihrem Sohn getrennt und kommt in ein Arbeitslager des Armeebekleidungsamtes in Mühlgraben bei Riga. Dort muss sie verschmutzte Uniformgarnituren gefallener deutschen Soldaten sortieren.

Knapp ein Jahr später wird Paula Mendel in einem überfüllten Laderaum in das KZ Stutthof transportiert, wo sie am 1. Oktober 1944 ankommt. Hier stirbt sie Anfang des Jahres 1945 an Hungertyphus.