Wir erinnern an Josef Voss

Geboren:                9.7.1920 in Kempen
Gestorben:             20.6.1941 in Hadamar
Opfergruppe:         „Euthanasie“-Opfer
Verlegeort:             Ellenstraße 19
Verlegedatum:       24.11.2016
Patenschaft:          Hans-Jürgen van der Gieth

Josef Voss, am 9. Juli 1920 geboren, hatte bei seiner Zangengeburt eine leichte Gehirnschädigung erlitten, die bei ihm zu sekundenlangen Abwesenheitszuständen und Verstehens-Schwierigkeiten vor allem beim Rechnen führte. Deshalb besuchte er in Kempen die Hilfsschule. Der Junge war heiter und unbekümmert, munter und selbstbewusst, körperlich durchaus geschickt, aber in seinen Reaktionen verlangsamt. Wenn er in Erregung geriet, konnte er allerdings die Kontrolle über sich verlieren.

Josef Voss wuchs in einem geordneten, gutbürgerlichen Elternhaus auf. Sein Vater Johannes war Anstreicher. Auf Betreiben der Eltern, die sich um ihr Kind Sorgen machten, wurde Josef Voss mit zehn Jahren zur Beobachtung in die Rheinische Provinzial-Kinderanstalt in Bonn gebracht und von einem Psychiater untersucht. Der stellte bei seiner geistigen Leistungsfähigkeit Schwächen fest und betonte Josefs aggressive Aussetzer.  Der Empfehlung des Arztes folgend, kam Josef Voss am 15. Dezember 1930 in die damals noch von den Franziskanerbrüdern geleitete Bildungs- und Pflegeanstalt für Geistesschwache St. Josefsheim in Waldniel. Er führte sich gut und machte vor allem im Deutschen Fortschritte. Als er die Schulpflicht erfüllt hatte, wurde er am 31. März 1934 nach Hause entlassen. In Kempen erlitt er häufiger Anfälle, war nun auch längere Zeit verwirrt. Zwar war er ruhig und geordnet und stellte für niemanden eine Gefahr dar. Doch der Hausarzt der Familie Voss – sein Name ist nicht überliefert – stellte dar: Josef Voss macht keinerlei Schwierigkeiten, ist andererseits zu keinerlei Tätigkeit brauchbar.

vossDas war mittlerweile eine gefährliche Diagnose! Jetzt waren ja die Nationalsozialisten an der Regierung. Ihrer Weltanschauung folgend, hatten die Mediziner dabei mitzuwirken, dass die Volksgemeinschaft nicht durch unnütze Esser geschädigt würde und der Volkskörper nicht durch Erbkrankheiten verseucht. Am 28. Oktober 1936 wurde Voss in die Klinik Johannistal bei Süchteln verbracht. Gut getan hat ihm der Aufenthalt dort nicht; in den Krankheitsblättern ist von gehäuften Anfällen die Rede. Zunächst kam er in der Jugendabteilung unter und wanderte, als die im November 1936 aufgelöst wurde, aus Platzgründen durch verschiedene Abteilungen. Man stellte den bisher munteren und aufgeschlossenen jungen Mann ruhig. Er liege dement im Bett und sei stumpf, heißt es am 28. November 1936. Am 1. Juni 1937 wurde Josef Voss nach Waldniel-Hostert verlegt, kam wieder zurück nach Süchteln, dann wieder nach Waldniel. Das Herumgeschubstwerden tat ihm nicht gut: Josef Voss sei  unverträglich, streitsüchtig heißtes am 26. März 1941, und kurz darauf folgt das faktische Todesurteil: Er sei ein stark verblödeter, verlangsamter, erregbarer Epileptiker. Leistet keinerlei beachtbare Arbeit. Am 9. Mai 1941 wurde er in die Heilanstalt Andernach transportiert und von dort am 20. Juni 1941 weiter nach Hadamar. Dort ist er in der Gaskammer ermordet worden.