Wir erinnern an Fritz Wingen
Geboren: 14.5.1889 in Holpe/ Kreis Waldbröl
Gestorben: 23.1.1944 in Majdanek/Lublin
Opfergruppe: „Staatsfeind“
Verlegeort: Siegfriedstraße 6
Verlegedatum: 22.6.2020
Patenschaft: Kinderarztpraxis Dr. Geuchen/Brenner
Bild 1
Wir gedenken des Kempener Künstlers Fritz Wingen, der, im Konzentrationslager ermordet wurde. Hier ein Bild von ihm als 24jähriger in Kempen.
Geboren wurde Fritz Wingen 1889 in Holpe/Kreis Waldbröl als ältester Sohn eines Lehrers, der sich, um den Kindern eine angemessene Bildung auf einem Gymnasium zu ermöglichen, 1908 nach Kempen versetzen ließ. Drei Jahre lang besucht Fritz Wingen das Lehrerseminar in Kempen, wo er mit Auszeichnung besteht, arbeitet dann in verschiedenen Orten als Lehrer.
Aber bei der konservativen Schulbehörde eckt er mit seinen fortschrittlichen Konzepten an. Daher wirkt er seit 1921 als freier Künstler.
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Noch während seiner Zeit als Lehrer haben die Eltern ihm in ihrem Haus Siegfriedstr. 14 ein Zimmerchen als eigenes Atelier zur Verfügung gestellt. Aber es ist ihm bald nicht ungestört und groß genug.
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So mietet er sich eine Zeit lang einen Atelier-Raum in der Heilig-Geist-Kapelle am Buttermarkt. Die steht gerade leer. Hier bringt Wingen, der Autodidakt ist, für seine Studien seine umfangreiche Bibliothek und seine Bildersammlung unter.
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- Fritz Wingen malt die 1909 errichtete Kapelle des bischöflichen Knabenkonvikts aus. Das Konvikt ist das Wohngebäude der auswärtigen Schüler, die gegenüber in der Burg das Gymnasium Thomaeum besuchen. Seine Kapelle stand an der Stelle des heutigen Posthofes am Moorenring und wurde 1967 als Teil der Mädchenoberschule, die sich seit September 1932 im alten Konviktsgebäude befand, abgebrochen.
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In seiner konservativen Vaterstadt wird der unorthodoxe Künstler nur von wenigen Freunden wie Josef und Carl Hubbertz geschätzt. Woanders ist er erfolgreich, erhält Kunstpreise und gewinnt bei wirklichen Kennern einen hohen Ruf als begnadeter Zeichner und Aquarellist, als Maler, Bildhauer und Komponist zahlreicher Messen. Schwerpunkt seines Schaffens wird schließlich Berlin.
Fritz Wingen ist ein eigenwilliger Mensch und furchtlos. Auch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung (1933) hat er keine Hemmungen, jederzeit für Verleumdete und Verspottete, für Minderheiten und Misshandelte einzutreten. Längst führt die Gestapo eine Akte über ihn. 1939 wird ihm jede künstlerische Arbeit untersagt. Er steht auf der Schwelle zum Zuchthaus – und weiß es nicht. Am 29. Dezember 1939 wird er wegen regimekritischer Äußerungen denunziert und zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. 1942 kommt er erneut vor Gericht, nachdem er in Berlin ein Hitlerbild von der Wand seines Zimmers abgerissen und auf die Rückseite eine Kirche gemalt hat. Er wird als Staatsfeind verurteilt und zunächst im Zuchthaus Plötzensee in Berlin inhaftiert; dann überstellt man ihn in das KZ Sachsenhausen bei Oranienburg. Von dort wird er nach Polen in das Konzentrationslager Majdanek bei Lublin verlegt. Auch hier, den drohenden Tod vor Augen, ist der Kempener seiner Berufung als Künstler gefolgt.
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Um geistig und künstlerisch zu überleben, hat Fritz Wingen im KZ auf jede erdenkliche Weise kreativ zu arbeiten versucht. Aus Resten von abgelegten Kleidungs- und Uniformstücken, aus ausgezupften Fäden klebt er (mit einem Klebstoff, den er aus Kartoffel-Resten hergestellt hat) eine Fadenarbeit, die den auferstehenden Christus darstellt.
Am 23. Januar 1944 stirbt Fritz Wingen im KZ.
Die Todesursache ist nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist er vergast worden. Lange nach seinem Tode erst wurde in Kempen eine Straße nach ihm benannt. Am 20. Februar 2005 würdigte eine Ausstellung im Kempener Kulturforum, von Margret Cordt und Werner Beckers erstellt, Wingens Lebenswerk.
In Fritz Wingens Geburtsstadt Holpe steht ein Gedenkstein zur Erinnerung an den bedeutenden Künstler. Am 11.5.2019 wurde darüber hinaus ein Platz in Holpe nach Wingen benannt.