Bildquelle: Josef Lamozik
Wir erinnern an Frieda Rath
Geboren: 21.8.1908 in Kempen
Gestorben: August 1970 in den USA
Opfergruppe: Jude
Verlegeort: Vorsterstr.17
Verlegedatum: 17.6.2021
Patenschaft: —–
Wir gedenken der von den Nazis verfolgten jüdischen Familie Rath, wohnhaft Vorster Straße 9, seit 1937 Vorster Straße 17.
Zwei Monate nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beginnt die Entrechtung der Juden. Am Samstag, 1. April 1933, werden auch in Kempen auf die Schaufensterscheiben der jüdischen Einzelhandelsgeschäfte von der NSDAP vorgefertigte Plakate geklebt mit Parolen wie: Deutsche, wehrt euch – kauft nicht bei Juden!. Jeweils zwei uniformierte SA– bzw. SS-Männer pflanzen sich vor den Geschäften auf. Sie haben Schilder umgehängt, auf denen zum Boykott der jüdischen Geschäfte aufgefordert wird.
Nur wenigen der jüdischen Bürger ist klar, was in den nächsten Jahren auf sie zukommen wird. Die meisten halten die antisemitischen Ausschreitungen für Auswüchse und hoffen, dass die Nationalsozialisten, wenn sie nur lange genug die Regierungs-Verantwortung getragen haben, wieder zur Vernunft kommen werden. Nicht so Bruno Rath, der Sohn des Viehhändlers Abraham Rath, wohnhaft Vorster Straße. Bruno Rath arbeitet als leitender Angestellter in Krefeld im Modehaus Gebr. Kaufmann an der Hochstraße, das seinen beiden Onkeln gehört. Er sieht, wie in der Großstadt jüdische Ärzte und Anwälte aus dem Berufsleben verdrängt werden.
Als erster Kempener Jude entschließt er sich zur Emigration. Im Dezember 1933 geht er, 24 Jahre alt, in die USA. Am 20. April 1939 erwirbt Bruno Rath in Portland/Oregon die US-Staatsbürgerschaft. Seine Schwester Frieda trifft am 2. Oktober 1935, über Bremen ausreisend, in New York ein. Die Eltern, Abraham und Therese Rath, folgen im August 1938 mit der Normandie der French Line über Le Havre. Ursprünglich haben sie vor, nach drei Monaten wieder zurückzukehren. Die Rückfahrkarte ist bereits gekauft. Aber Abraham Rath erkrankt an Rheumatismus, weitere Leiden kommen hinzu. Am 3. Mai 1939 verstirbt er in Oregon. Daraufhin beschließt seine Witwe, ihren Lebensabend bei ihrem Sohn Bruno in Oregon zu verbringen. Wieder einmal zeigt sich, dass den älteren Juden das Verlassen der vertrauten Heimat schwerer fiel als der jungen Generation und dass sie erst abreisten, wenn sich ihnen keine Existenzgrundlage mehr bot, dass sie sogar zu einer Rückkehr bereit waren. Therese Rath wird, von ihrem Sohn liebevoll betreut, im Juni 1972 sterben. Bruno Rath stirbt am 3.November 1998 in Fullerton/Orange County in Kalifornien.